Wie uns zugetragen wurde, soll eine lokale und derzeit saisonale Delikatesse das Gericht „Sprøstekte torsketunger“ (knusprig gebratene Dorsch-Zungen) sein. Tatsächlich finden wir im Angebot jeden Supermarkts die Hauptzutat „torsketunger“ (Dorschzungen) die man dafür benötigt.
Wir wagen uns und kaufen diese, recherchieren ein wenig im Netz nach Rezepten und haben schnell einen Plan zur Umsetzung des Gerichtes.
Beim Öffnen der Packung bemerken wir KEINEN Fischgeruch. Wir waschen die Zungen trotzdem gründlich und tupfen sie trocken.
Wir panieren sie nach Schnitzel-Art.
… und backen sie in heißem Pflanzenöl aus. Nur ein paar Minuten von beiden Seiten.
Nur noch im Wohnmobil-Style anrichten.
Der Geschmack ist sehr mild, den Dorsch kann man erahnen (vielleicht auch nur, weil wir’s wussten), von der Konsistenz hat die Dorsch-Zunge eine weiche Ummantelung und ist innen etwas fester.
Wir verlassen die Senja Richtung Tromsø. Der Roadtrip verläuft in gewohnter Manier, Brücken Fähren, Tunnel. Auch das Auge gewöhnt sich allmählich an die überwältigende Schönheit der vorbeiziehenden Landschaft und meldet nicht mehr hinter jeder Ecke „schau mal, wie schön“ ans Gehirn.
Zuweilen findet man noch Ausstellungs-Objekte, die auf Norwegens Walfang-Tradition hinweisen.
Norwegen ist ein Land der Tunnel, in Tromsø war man sehr konsequent bei der Umsetzung. Zwei Tunnel führen ins Zentrum, ein dritter zum Flughafen. Insgesamt befinden sich fast 6 Kilometer Strasse unter der Erde. Drei unterirdische Kreisverkehre verbinden die Tunnelsysteme. Ein weiterer Tunnel unterführt den Fjord Tromsøsund und führt von der Hauptinsel auf’s Festlands. Ein unterirdisches Parkhaus fehlt natürlich ebenfalls nicht. Es hält Platz für 900 Fahrzeuge vor. Von dort gelangt man direkt in die Innenstadt.
Wir fahren in einen der Tunnel ein und der Master of Navigation ist kurzzeitig überfordert, weil Google-Maps im Tunnel einen GPS-Abriss erfährt und für Orientierungslosigkeit sorgt. Der Master of Driving wird kurzeitig im Kreisverkehr in eine falsche Richtung geschickt und steht, oh Schreck, vor einem Schild mit der Höhenbegrenzung 2,30m. Das geht sich nicht aus, sagt der Master, und er hat Recht. Wenden im Tunnel ist angesagt. Das treibt das Adrenalin in die Höhe und wird dennoch meisterlich umgesetzt. Vermutlich war das die Einfahrt ins Parkhaus, wir wissen es nicht mehr, das Wenden im Tunnel hat die Erinnerung vernebelt.
Wir besuchen die „Ishavskatedralen“, die Eismeerkathedrale. Sie wurde 1965 auf der Festlandseite der Stadt auf einem kleinen Hügel am Ortsrand erbaut. Die Dachschrägen der geosteten Kirche reichen bis an den Boden und bilden so im Norden und Süden des Gebäudes zugleich die Außenwand. Sie bestehen aus mit Alu beschichtetem Beton und wirken wie aufgeschichtete stilisierte Eisplatten. Die Ostseite zeigt ein sakrales Mosaikfenster, während die Westfront in durchsichtigem farblosem Glas gehalten wurde.
Der „Fjellheis“ (Berglift) ist eine kleine Seilbahn, die unweit der Eismeerkathedrale auf den Hügel des Festlandes führt. Von dort hat man bei klarem Wetter eine wunderbare Aussicht auf Tromsø.
Es war ein langer und anstrengender Tag, der Weg zurück zum Auto ist nicht minder beschwerlich.
Die Fahrt von Tromsø nach Alta verläuft nicht ganz störungsfrei, irgendwo im Nirgendwo wird ein neuer Tunnel gebaut, schweres Gerät fährt dort Steine und Geröll aus der Baustelle heraus, die Straße ist demzufolge schlammig und ein wenig gefroren. In einer abschüssigen Kurve gerät die Grille ins Rutschen, vor uns kommt ein LKW entgegen, der Master fängt die Grille meisterlich ab, der Master of Navigation ist mit den Nerven am Ende, und wir beenden die wilde Fahrt für heute und beruhigen erstmal die Nerven.
Am nächsten Tag erreichen wir Alta, die „Nordlicht-Stadt“. Alta ist für uns das Tor zum Nordkapp und für unsere Weiterfahrt von essentieller Bedeutung. Hier können wir das letzte Mal vor Estland unseren LPG-Gastank füllen, wir hatten es bereits in Tromsø versucht, leider war dort die LPG-Tankstelle mit Umzugsarbeiten verhindert. Sollte uns das auch hier in Alta passiert, wäre eine Weiterfahrt nur mit größten Komplikationen möglich, denn in Finnland ist das Tanken von Autogas nicht möglich.
Wir besuchen „Nordlyskatedralen“die Nordlichtkathedrale. Die Kirche wurde erst 2013 eingeweiht; sie ist komplett aus Beton gebaut und außen mit Titanplatten verkleidet. Die Altarwand wurde mit einer blauen Lasur behandelt, um die davor stehende Christusfigur besser zur Geltung zu bringen. Auch das Innere der Kirche ist aus Beton, alle Holzdetails, Stühle und der Fußboden sind aus massiver Eiche. Eine goldene Jakobsleiter hängt im 7,5 Meter hohen Innenturm. Der Turm ist außerdem ein Lichttunnel, durch den man gehen kann.
„Die nördlichste Stadt der Welt“, mit diesem Slogan wirbt die Stadt. Sie war es wohl auch bis 1998, als Honningsvåg, etwas nördlicher gelegen, den Status einer Stadt erhielt. Seither ist es wohl strittig, ob Honningsvåg mit 2500 Einwohnern als Stadt gilt oder nicht, im Sinne der Stadt-Oberen von Hammerfest wohl eher nicht. Ungeachtet dessen wirbt die Stadt weiterhin mit dem Slogan „nördlichste Stadt Europas“.
Der Weg von Alta nach Hammerfest führt zunächst über ein Gebirgsplateau, in Skaidi fahren wir westwärts der Küste entlang bis Kvalsund. Dort führt uns die „Kvalsundbrua“ über den Fjord. Mehre Tunnel folgen.
In Hammerfest besuchen wir das Weltkulturerbe, das Meridianmonument des Struve-Bogens am Messpunkt Fuglenaes. Der Struve-Bogen, nach Friedrich Georg Wilhelm Struve (1793–1864) benannt, ist ein Meridianbogen, der aus einem gut 2821 km langen Netz geodätischer Vermessungspunkte besteht. Mit ihm wurde die Erdabplattung an den Polen bestätigt und vermessen. Der Struve-Bogen zählt zu den genauesten und größten Projekten der damaligen Erdmessung.
Die Hauptstraße Hammerfests säumen unansehnliche Häuser aus der Zeit des großen Wiederaufbaus nach dem zweiten Weltkrieg. Die Deutschen verliessen die Stadt 1945 nach dem „Prinzip der verbrannten Erde“, um den heranrückenden sowjetischen Truppen keine intakte Infrastruktur zu hinterlassen.
Die Kirche erbaut 1961, in der Architektur den Stockfisch-Trocknungs-Gerüsten nachempfunden, zeigt sich uns in einem bedauernswerten Zustand.
Darüber hinaus versprüht die Stadt einen Charme, der ihrem Namen alle Ehre macht.
Die Prognose des Wetterdienstes sagt für die kommenden Tage Sturm voraus, weswegen wir schnell das Weite suchen, denn wer will schon in Hammerfest fest stecken?
Die Sturmwarnung für Honningsvåg hat uns die Entscheidung erleichtert, uns und die Grille zunächst etwas südlicher, in Lakselv, zu parken und abzuwarten, ob der Pass zum Nordkapp nach einem derartigen Sturm überhaupt wieder zeitnah passiert werden kann. Wir mieten uns also auf einem familiär anmutenden Campingplatz ein, und machen ein wenig Pause am Porsangerfjord.
In der Nacht werden wir mit einigen zarten aber feinen Nordlichtern belohnt.
(Wir hatten schon sehr schöne Nordlichter auf der Senja, jedoch ist unglücklicherweise Andi’s Stativ während der Foto-Session zu Bruch gegangen, das war sehr ärgerlich, aber auch nicht mehr zu ändern.)
Der Wind schwächt sich ab und wir wagen die Fahrt nach Honningsvåg, danach weiter über’s Fjell(Gebirge) Richtung Skarsvåg; dort befindet sich der Einstieg zum Passübergang „Nordkap“.
Die Schranke ist geschlossen, jedoch besteht Hoffnung, daß sie sich noch heute öffnet, da wir erfahren, dass in Honningsvåg das Kreuzfahrtschiff MS Amera vor Anker liegt; sie hat 835 Paxe an Board, die mehrheitlich zum Nordkap wollen, koste es was es wolle. Die Räumungsfahrzeuge räumen, was das Zeug hält, die Fräsen wirbeln die meterhohen Schneewehen von der Straße, zwei Stunden später klettern 10 Busse in Kolonnenfahrt den Pass hinauf, wir schließen uns an.
Die Fahrt gleicht einem Ausschnitt aus einer Katastrophen-Schmonzette „Lost in Arctic Whiteout“. Wir wissen nicht genau, wir wir den Pass ohne Ketten erklimmen konnten, das Adrenalin hat mal wieder die Erinnerung vernebelt.
Kaum oben angekommen, noch nach Luft schnappend meldet unserer Grille Motorschaden, bitte Motor überprüfen lassen. Ist ja klar, wenn’s kommt, kommt’s dicke. Wir lassen den Motorschaden zunächst mal links liegen und hoffen, daß sich unsere italienische Zicke eventuell wieder beruhigt.
Der Master of Engineering schließt sein Diagnose-Gerät an die Grille an und erfährt, daß sie sich über zu hohen Durchfluß im EGR beklagt hat. Er entschuldigt sich in aller Form und löscht die Fehlereinträge. Jetzt ist aber auch mal Ruhe im Karton. Die Rückfahrt treten wir alleine an, allerdings zieht der Master die Ketten auf. Die Kolonnenfahrt beim Aufstieg war für unser Bauchgefühl einfach zu schnell. Die Alleinfahrt aber nicht minder anstrengend, da man streckenweise die Straße nur erahnen kann.
Wir kommen aufgeregt und glücklich zurück nach Skarsvåg, das nördlichste Fischerdorf der Welt. Hier bleiben wir für heute stehen.
Vegetarier und/oder Veganer bitte diesen Artikel überspringen.
In Skarsvåg, dem nördlichsten Fischerdorf der Welt treffen wir den Geschäftsführer der „The North Cape Experience“, der touristische Expeditionen anbietet, vermutlich vorwiegend im Sommer. Wir fragen, ob er uns ein Lokal empfehlen kann, welches Kamtschatkakrabben oder Königskrabben auf dem Speiseplan hat. Er lädt uns für den Abend in sein (noch) leeres Restaurant ein, nicht bevor er uns noch eine kleine Lehrstunde aus dem Leben der Königskrabben erteilt. Wir speisen am Abend dort fürstlich.
Die aus dem nördlichen Pazifik (vor allem vor Japan und Alaska) stammende Krabbe wurde Ende der 1960er Jahre von russischen Forschern in der Barentssee nahe Murmansk ausgesetzt, wo sie sich plangemäß stark vermehrte. Bis heute ist sie bis zu den Lofoten vorgedrungen. Die Umsiedlungsaktion war von den Generalsekretären der Sowjetunion Josef Stalin und seinem Nachfolger Nikita Chruschtschow in die Wege geleitet worden, um die Versorgungslage in Moskau und Murmansk zu verbessern. Sie hat sich zunächst invasiv vermehrt, und die heimische Fauna stark verdrängt. Ausgewachsene Königskrabben haben kaum natürliche Feinde und konnten sich vor allem deshalb derartig schnell in der Barentssee und an der norwegischen Küste ausbreiten. Wegen ihrer Schmackhaftigkeit ist die Krabbe in Russland und Asien begehrt. Mittlerweile sind auch die Europäer auf den Geschmack gekommen. Sie wird deswegen jetzt intensiv bejagt, die Norweger haben daraus einen lukrativen Exportartikel gemacht. Auf den Weltmärkten erzielt sie sehr hohe Preise.
das war mit Sicherheit das Köstlichste an Seafood, was wir bisher gegessen haben.
Wir fahren über Karasjok nach Kirkenes. In Karasjok besuchen wir ein altes samisches Dorf. Das Samische Museum ist leider geschlossen.
An einem samischen Hof kaufen wir Rentierfleisch direkt vom Erzeuger.
Kirkenes ist eine „russische“ Stadt in Norwegen, so kommt es uns bisweilen vor. Zehn Prozent der knapp 3500 Einwohner sind Russen. Die Straßenschilder sind zweisprachig, Russisch und Norwegisch.
Der wichtigste Kunde von Kimek, der Werft, einer der bedeutendsten Arbeitgeber, ist die russische Fischerei-Flotte. Auf sie entfallen 70 Prozent des Umsatzes. Die jüngsten Sanktionen gegenüber Russland wegen Putins Krieg treffen Kirkenes hart. 600 Arbeitsplätze sind derzeit gefährdet.
Bei Kirkenes befindet sich ein Grenzübergang nach Russland. Bis Murmansk sind es noch etwa 200 km. Während des Kalten Krieges war dies neben der Grenze Türkei-Sowjetunion die einzige unmittelbare Landgrenze zwischen der NATO und der Sowjetunion und somit die einzige innerhalb Europas. Im Rahmen einer Sonderregelung, die durch das Schengener Abkommen möglich und die für Europa bisher einmalig ist, dürfen Russen und Norweger, die in einer 30-Kilometer-Zone wohnen, seit April 2010 visafrei hin und her reisen.
Über der Stadt wabert eine eigenartige Stille; bei unserem Besuch im Schnee-Hotel sind wir die einzigen Gäste, die Eis-Bar ist geschlossen. Die „Andersgrotta“, ein Museum in einem alten Luftschutzraum ebenso.
Angesichts unserer Erinnerung an das Ice-Hotel in Jukkasjärvi in der Nähe von Kiruna, Schweden, welches wir vor zwei Jahren besucht haben, war dieser Besuch eine etwas ernüchternde Erfahrung.
Wir verlassen Norwegen, sind infolgedessen ein wenig wehmütig. Finnland empfängt uns mit Sonnenschein und zweistelligen Minusgraden.
wir fahren am Rande eines der letzten Urwälder Europas westlich des Inari-Sees, dieser ist, man glaubt es kaum, auch erst seit 2014 geschützt, denn bis dahin wurde hier für die Papierindustrie noch kräftig abgeholzt.
Am Abend versöhnt uns Finnland mit entzückenden Nordlichtern.
Levi ist das größte und bekannteste Wintersportzentrum in Finnland und wurde schon viermal zum besten finnischen Skigebiet gewählt. Eine Verkehrsanbindung besteht durch den 15 Kilometer entfernten Flughafen Kittilä und durch den 88 Kilometer entfernten Bahnhof in Kolari. Levi liegt circa 1000 Kilometer von der finnischen Hauptstadt Helsinki entfernt und 135 km nördlich des Polarkreises.
Die Wintersportsaison beginnt in Levi im Oktober oder November und dauert, je nach Schneelage, meist bis Anfang Mai. Der Berg Levi ist 531 Meter hoch und bietet insgesamt 27 Liftanlagen und auch sonst viel Wintersport-Gebrummel; das meiste davon ist zudem beleuchtet, denn die Polarnacht von Ende November bis Ende Januar bietet auch hier im tiefsten Winter wenig Licht.
In der Umgebung von Levi gibt es insgesamt 886 Kilometer Snowmobil-Routen. Eine davon wollen wir heute mal ausprobieren.
Mitten im Wald, an einem zugefrorenen See, machen wir Rast an einem alten Hof; die Gebäude sind aus den späten 1940-er Jahren, der Hof nur mit Skiern oder Snowmobilen erreichbar. Die Besitzer bieten hausgemachten Kuchen und finnisches Gebäck an; dieser Ort versprüht trotz emsiger Betriebsamkeit eine einzigartige Gemütlichkeit.